Stellungnahme

TOLERANT, WELTOFFEN UND WISSENSCHAFTSBASIERT – Stellungnahme des Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe Berlin

Wir stehen für ein tolerantes Miteinander, durch welches demokratische Werte und ein achtsamer, respektvoller Umgang aller Menschen, unabhängig von ihrer geschlechtlichen Identität, Religion oder Nationalität, die Grundlage unserer Arbeit sind. Wir ziehen eine klare Grenze gegen jede Form von Antisemitismus, Rassismus, Sexismus und jegliche Vereinnahmung sowohl unserer Einrichtung als auch der Anthroposophischen Medizin durch nationalistische, völkisch-identitäre und rechtsextreme Kreise oder Vertreter.

Unser Krankenhausgelände ist eine ehemalige Kaserne der Nationalsozialisten und ist in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts als Ausbildungsstätte für die Luftwaffe erbaut worden.  Wie kann sich vor diesem Hintergrund eine gesellschaftliche Wandlung zu einer sich dem Mitmenschen zuwendenden Institution als modernes Krankenhaus vollziehen und gelingen? Mit dieser Thematik befasst sich der neu erschienene Band Dunkle Orte transformieren, Von der NS-Luftkriegsakademie zum Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe von Lisa DiedrichPeter SelgEgon Tietz im Lukasverlag.

Wir unterstützen daher die historisch-wissenschaftliche Aufarbeitung und verweisen darüber hinaus auf die ausführliche Studie Anthroposophie und Nationalsozialismus. Die anthroposophische Ärzteschaft. Schwabe Verlag, 2024 Band 1 und Weleda und WALA – die anthroposophischen Arzneimittelfirmen Band 2, 2025 herausgegeben von Peter Selg, Susanne H. Gross und Matthias Mochner. Nach zehnjähriger Vorarbeit und Recherche liegt hiermit begleitet von einem unabhängigen, wissenschaftlichen Beirat, den NS-Medizinhistorikern und Charité-Professoren Thomas Beddies und Heinz-Peter Schmiedebach, ein umfangreiches Referenzwerk vor. Die zum Teil äußerst verwerfliche Verstrickungen Einzelner aus Einrichtungen oder mit der Anthroposophie in Verbindung stehender Menschen, genauso wie die Verflechtungen anthroposophischer Heilmittelhersteller werden hier nach historischem Kenntnisstand dargelegt und kontextualisiert.

In den vergangenen Jahren sind vielfach Stellungnahmen zu diesem Thema der Auseinandersetzung und Einordnung der Anthroposophie und anthroposophischer Einrichtung veröffentlich worden, z.B.:

In eigener Sache

Als Klinik für Anthroposophische Medizin distanzieren wir uns von Veranstaltungen und Referenten, die in Berlin in den letzten Jahren und ausgerechnet auch im Jubiläumsjahr zum 100. Todestag Rudolf Steiners in Berlin die Anthroposophie in ein Licht rücken, wie wir es in keiner Weise gutheißen und die ihrem Kernanliegen zuwiderlaufen. Wir verwahren uns gegen jede Form nationalistischer oder wissenschaftsleugnender Vereinnahmung durch Redner oder politisch einseitiger Veranstalter, die zum Teil auch in den eigenen Reihen ihre Zuhörerschaft finden.

Unter dem Vorwand eines sogenannten freien Geisteslebens werden aus inhaltlicher und historischer Unkenntnis vorgeblich anthroposophische Narrative platziert. Statt sich fachlich kompetent mit der Spannung zwischen historischen und aktuellen Herausforderungen des Werkes Rudolf Steiners auseinanderzusetzen, entlässt man sich von dieser Pflicht unter dem Vorwand der individuellen Freiheit in eine willkürliche Politisierung von all jenem, was man in der gegenwärtigen Zeitlage als falsch oder fehlgeleitet empfindet. Dies wird weder der Komplexität der Anthroposophie, noch ihrem innewohnenden Erkenntnisstreben, noch der aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen gerecht.

Uns ist bewusst, dass das Gesamtwerk Rudolf Steiners vereinzelt Formulierungen enthält, die von einer damals auch rassistisch diskriminierenden Haltung der Zeit sprachlich mitgeprägt wurde. Von diesen distanzieren wir uns. Sie stehen im Stil und Inhalt im Widerspruch zur Grundausrichtung unseres Hauses als Klinik für Anthroposophische Medizin.

Mit unserem Selbstverständnis von Respekt, Würde und freier Individualität, wie wir es in unserem Haus mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern täglich leben, sind wir nicht bereit, unsere erfolgreich geleisteten Aufbauarbeit und Integration breiter gesellschaftlicher und kultureller Anliegen Schaden zufügen zu lassen. Aus diesem Selbstverständnis heraus arbeiten wir seit 30 Jahren und werden das auch weiterhin tun: tolerant, weltoffen und wissenschaftsbasiert.